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Das Glück einen unerzogenen Hund zu haben

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Das Glück, einen unerzogenen Hund zu haben

 

Das Glück, einen ungezogenen Hund zu haben, erschließt sich nicht im ersten Moment. Es braucht einen Erfahrungsprozess. So denkt sich Michael Frey Dodillet zunächst, ein ungezogener Hund gehört erzogen.

 

Mit bestem Vorsatz beginnt eine Odysee durch die diversen Schulen, Methoden und Geheimrezepturen gegen unerwünschtes Saurauslassen in den nun wirklich unpassendsten Situationen. Hier ist Spezialwissen gefragt, und dies haben bekanntlich Spezialisten. Ein defektes Wasserrohr repariert ja auch bestenfalls der Klempner. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Speziell sind vor allem die diversen Erfahrungen ebenso wie die Experten selbst. „Man reist ja nicht um anzukommen, man reist ja um zu reisen“, sagte schon Goethe, und so beginnt eine Reise, deren ursprüngliches Ziel zum Glück zu einer Erkenntnis führte. Die Krawallmaus ist einfach die Beste, und den besten „Krause“ trifft man definitiv beim Blick in den Spiegel.

 

Meine Krawallmäuse liegen nach morgendlicher Chaosrunde nun schön unterm Schreibtisch was es mir nun möglich macht, dieses Interview ohne gelegentliche ohrenbetäubende Unterbrechungen zu führen. Was macht denn die Krawallmaus gerade?

 

„Die liegt auch neben mir, hängt ab und will ihre Ruhe haben.“

 

In Ihrem Buch dürfen wir alle die unterschiedlichen Krauses kennenlernen, die zum jeweiligen Problem spontan die Lösung kennen, welche selbstverständlich auf der Hand liegt, nur man selbst – eben eher ignoranter Depp und kein professioneller Krause – hat ́s mal wieder nicht mitbekommen. Welches Krause-Erlebnis war denn das nachhaltigste bisher?

 

„Als mir ein Krause Luna aus der Hand nahm und Luna Sachen machte, die sie bei mir noch nie gemacht hat. Das ist x-mal vorgekommen und ich habe mich immer schwarz geärgert. Mittlerweile kann ich aber gut damit leben. Luna ist in diesen Situationen immer so verblüfft, dass sie vor lauter „Was is‘n das für einer?“ vergisst, die anderen Hunde blöd anzumachen. Das ist das ganze Geheimnis. Nein, das halbe.
Die andere Hälfte: Hundetrainer, vor allem die ganz, ganz schlechten, sind geborene Führungspersönlichkeiten. Einige von denen stellen sich ohne den Hauch einer Ausbildung vor die Leute und dröhnen: „Problemhundehalter, mir nach! Ich weiß Bescheid!“ Um so etwas zu bringen, musst du massiv unter einer gestörten Eigenwahrnehmung leiden oder ein meterbreites Kreuz haben.
Ich kann das nicht. Ich habe viel zu viele Selbstzweifel – und schon ist sie im Eimer, die viel gepriesene Führungskompetenz. Luna spürt, dass ich eine Lusche bin, und benimmt sich draußen wie eine offene Hose.“

 

Mit welcher eventuell anhaltenden Wirkung?

 

„Luna hat mir ein für allemal gezeigt, wo meine Schwächen liegen. Klare Führungshandicaps. Zu wenig Charisma, zu viel Gelaber. Seither wundere ich mich auch nicht mehr darüber, dass auf meiner Visitenkarte immer noch „Copywriter“ steht und nicht „Chief Executive Creative Planning and Strategic Brainstorming Vice-Deputy Director“. Klammer auf. Ich bin stolz, ein „Copywriter“ geblieben zu sein. Klammer zu.“

 

Krauses gibt ́s ja nicht nur am Jaberg. Sie sollen vereinzelt auch in Büroetagen gesichtet worden sein. Vor allem in den oberen …

 

„Meinen Sie Consultants? Guten Tag (3.000 €), was kann ich für Sie tun (6.000 €)? Lasse drei Unternehmensberater deinen Laden beurteilen und ernte sieben Diagnosen, für die es jeweils mindestens vierzehn Lösungsvorschläge gibt. Das kann man nahtlos auf Hundeerziehung übertragen: Lasse drei Trainer deinen Hund beurteilen …“
Oder dieses wunderbare Bonmot, das mir ein Leser an die Krawallmaus-Pinnwand bei Facebook gepinnt hat. „Es gibt nur eins, worüber sich zwei Krauses einig sind: Dass ein dritter Krause keine Ahnung hat.“


….genau für diese überlege ich noch immer an einem Belohnungs-, Meide-, Beschwichtigungs-, Heiteitei- oder Wieauchimmerdasdingheisst-System. Haben Sie spontan eine Idee?

 

„Ja. So Cool 2 mit der milden Nerven- und Temperamentformel. Ohne Witz, das gibt‘s! Das ist eine Kräutermixtur, die man Hunden wie Luna, die – sagen wir mal – emotional flexibel sind, ins Futter mischen soll. Dann werden sie entspannter.
Ist natürlich völliger Unfug. Aber vielleicht hilft‘s ja, wenn der Halter es raucht. Oder Führungskräfte in Managementebene zwei. Dann sähe es eine Etage drunter mit Sicherheit chilliger aus und die Leute hätten wieder mehr Spaß am Job.“

 

Vor lauter Systemen kennen die Leute ihr eigenes „System“ nicht mehr, oder?

 

„Das hieß früher mal Bauchgefühl. Das ist heute so selten geworden, dass man es googeln muss.

 

Jetzt aber mal Blick rückwärts. Wie kamen Sie überhaupt „auf den Hund“? Und wie kam es genau zur Krawallmaus?“

 

„Purer Zufall. Zufällig kam ein streunender Tunichtgut an einem niederrheinischen Bauernhof vorbei und traf auf eine läufige Hofhündin, die so heiß war wie ein Waffeleisen. Der Bauer passte nicht auf Madame auf, obwohl die Bäuerin ihm eingeschärft hatte, auf Madame aufzupassen. Zufällig kaufte meine Frau vier Monate später im Raiffeisen-Markt Düsseldorf-Unterbach Schaffutter und entdeckte einen Zettel am Schwarzen Brett, der niedliche Schäferhundmixwelpen anpries. Zufällig sprang bei der Besichtigung derselben ein zartes Schäferhundmixwelpenmädchen genau auf meine Frau und niemand anderen zu. Die Kleine war die Einzige mit einer zierlichen Figur, während ihre Brüder und Schwestern wie Fässer aussahen. Sie guckte derart süß aus der Wäsche, dass wir sie umgehend mitnahmen. Ich höre die Bäuerin noch sagen: »Wenn Sie einen ruhigen Hund wollen, nehmen Sie den Rüden da drüben.« Was für weise Worte. Haben wir Idioten natürlich völlig ignoriert.“


Womit hat sie Sie am meisten um den Finger gewickelt?

 

„Luna ist mittlerweile sechs Jahre alt und kann immer noch wahnsinnig gut gucken. Die hat so einen Augenaufschlag, da stopft man sofort Fleischwurst in den Hund. Auch wenn man gerade noch auf 180 war.“

 

Nur Sie und Luna. Ein ganz besonderer Moment. Liebe pur. Fällt Ihnen spontan einer ein?

 

„Wenn sie nachts getrunken hat, kommt sie auf dem Weg zum Körbchen an unserem Bett vorbei, steckt die triefnasse Schnauze unter die Bettdecke und stupst einen an. Keine Ahnung, warum sie das macht. Keine Ahnung, warum mich das so rührt.“

 

Auch wenn es vielleicht eine indiskrete Frage ist, „Herrchenjahre“ war die Therapiemaßnahme nach dem x-ten Krause, oder? Wann fiel der Entschluss: Ich schreibe alles auf!

 

„Eines Nachmittags im Wald, als ich mal wieder der Einzige war, der ein tobendes Fury auf zwei Beinen spazieren führte. Alle anderen Hunde gingen brav im Fuß an uns vorbei, während ihre Halter sich in Friedfertigkeit sonnten und mir mitleidig zunickten. Das war die Geburtsstunde von Herrchenjahre. Ratgeber gibt es Tausende, Trostgeber keinen einzigen. Also habe ich ihn selbst geschrieben.
Das Buch ist eine Liebeserklärung an alle aufmüpfigen Hunde, die sich standhaft weigern, zur Perfektion erzogen zu werden. Und eine Liebeserklärung an ihre Menschen, die sich Tag für Tag den Poppes aufreißen und so wunderbar dabei scheitern. Es ist ja nicht so, dass ungezogene Hunde unerzogen sind. Im Gegenteil. Das Gros von ihnen hat mehr Hundeschule absolviert als fünf Brave zusammen. Wenn es darauf ankommt, vergessen die halt nur gerne, was sie gelernt haben.“

 

Heute haben Sie sogar zwei Krawallmäuse. Teil eines persönlichen Weiterentwicklungsplanes der Kategorie „Es gibt keine Probleme, nur Herausforderungen, und der solchen zwei mit Fell und jeweils vier Pfoten nehme ich nun täglich an als Chance zum Erlangen von Weisheit, Klugheit und persönlicher Reife“?

 

„Und Demut! Vor allem Demut.
Luna hat nun ihren eigenen, kleinen Rüden: Wiki. Der saß wegen Hyperaktivität, Widerworte, Unbotmäßigkeit, Ausbüxen und Frauchenanknurren im Solinger Tierheim. Die beiden haben sich gesehen und waren vom ersten Moment an ein Herz und eine Seele. Natürlich auch deswegen, weil der Knabe nicht gleich quiekt, wenn man ihn umrempelt. Der schüttelt sich nur den Staub aus dem Pelz und johlt: „Jaaa, nochmal!“
Wiki ist ein kleiner, freundlicher Hund mit einem großen, tapferen Herzen. Die eine Hälfte Jack Russell, die andere Kleiner Münsterländer. Drinnen Flummi, draußen Nase. Man fragt sich schon, welcher Wahnsinnige solche Rassen verpaart.
Momentan sind Luna und Wiki innig damit beschäftigt, Band zwei zu füllen.“

 

Im Ernst. Ein Leben ohne Hund ist nicht mehr vorstellbar, oder?

 

„Keine Minute möchte ich missen.“

 

Und dann kommt ja vielleicht noch eine dritte Krawallmaus?

 

„Nur über meine Leiche! Das habe ich bei Wiki auch gesagt.“

 


Michael Frey Dodillet, geboren 1961 in Singen am Hohentwiel, ist seit Abschluss seines Studiums der
Betriebswirtschaftslehre für diverse Agenturen in Düsseldorf, Hamburg, München und in der Schweiz  als
Werbetexter tätig. Nebenberuflich ist er Autor des Krawallmaus-Blogs.
Mit seiner Frau, drei Kindern und Schäferhundpumakängurumischling Luna lebt er in Erkrath bei
Düsseldorf. Zum Haushalt gehören noch zwei Schafe, einige Kaninchen sowie ein nicht erwünschter Steinmarder
unterm Dach.

Die Krawallmaustagebücher: www.krawallmaus.de

 


 
 

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